Licht und Vorschriften
Licht und Vorschriften
2011
Am 1. Juni 2011 war es so weit. Im Gemeinsamen Ministerialblatt verkündete das Arbeitsministerium, dass das jüngste Kind des Arbeitsschutzes das Licht der Welt erblickt hatte. Kaum hatte ich vor drei Wochen schon eine Besonderheit davon berichtet, was insbesondere Gutachter freut, die neue Distanz zwischen Arbeitsschutz und den Normen, fragte mich jemand, ob ich doch nicht einen Artikel darüber schreiben wollte. Ich wollte.
Beim Recherchieren für den Artikel fiel mir etwas auf, was ich schon seit langem erwartete. Ich wusste nur nicht, wann es passiert. Jetzt ist es so weit. Zunächst zu meiner Erwartung: Da die Qualität von Licht immer häufiger an einer Zahl, 500, gefolgt von Lux bewertet wurde, womit die Beleuchtungsstärke gekennzeichnet werden sollte, wartete ich auf den Tag, wo ein Experte darüber stolpert. Man kann zwar den Geschmack von Tomaten an ihrem Gewicht messen, ohne dafür gehängt zu werden, aber die Beleuchtungsstärke in Lux gibt es nicht. Sie ist nämlich ein Vektor, zu dem eine Richtung gehört. In grauer Vorzeit bildete die Richtung sogar ein ziemlich eigenständiges Qualitätskriterium, man ließ sie aber schnell fallen, weil die Allgemeinbeleuchtung so etwas nicht kennt. Es gab eben nur eine, von oben nach unten. So sprach man von der Beleuchtungsstärke und meinte die horizontale. Dass auch andere bedeutsam sein können, wussten Lichttechniker bzw. Lichtplaner, aber auch Gemüsezüchter, Forstämter u.ä. Für Leute, die sich mit der Ästhetik beschäftigten, waren die anderen sogar wichtiger. Nun hat es vor einiger Zeit der Arbeitsschutz gemerkt und in ein Regelwerk (BGR 131) aufgenommen. Die Erklärung sieht so aus:
Dabei ist ein kleiner Lapsus passiert. Die vertikale Beleuchtungsstärke wurde in nur einer Richtung dargestellt. Macht nix, das Bild ist aus dem Zusammenhang gerissen, wenn man den gesamten Text der BGR liest, kann man damit gut leben.
Nun wurde aus der BGR eine ASR geschneidert, um die es hier geht. Die wollte einen Fehler des Vorgängers ausbügeln, dessen Angaben zur Beleuchtungsstärke die horizontale meinte. In der ASR A4.3 bezieht sich der Wert immer auf die Ebene, die für die Sehaufgabe relevant ist. So stand es früher in den Beleuchtungsnormen, und steht heute noch drin. Wo liegt das Problem? Man hat aus der „zylindrischen“ B. der BGR eine vertikale machen wollen, hat aber die Ebene vergessen. Bei der Hitze des Gefechts ist den Experten noch was entgangen, nämlich dass die Tische für das Technische Zeichnen fast senkrecht (75º) stehen. Die Angabe der Beleuchtungsstärke für Zeichentische bezog sich immer auf diese Lage. Nun wird für solche Arbeitsplätze auch eine Vertikalbeleuchtungsstärke angegeben. Allerdings nur 175 lx. Wohin damit?
Es rächt sich, dass Gremien mit Beleuchtungsstärken umgehen wie im (orientalischen) Bazar. Ihr Glück, dass die Bazarhändler an solchen Sitzungen nicht teilnehmen. Sie würden sich den Vergleich vermutlich verbitten.
Technische Regeln für Beleuchtung
13.07.11
Wo alle baden gehen, kann man nicht nach Perlen tauchen.
"Diesseits und jenseits von Kalau" -
© Georg Skrypzak